Der Becher besitzt einen leicht nach oben gewölbten massiven Boden und eine nach oben konkav sich entwickelnde Wandung, die unten umlaufend mit einer Reihe hochovalen und lanzettförmigen Facetten verziert ist. Auf der Wandung darüber sind sich gegenüberliegend zwei Vögel in Schwarzlot aufgebracht. Beide stehen auf einem Rocaillen-artig gestalteten Ast und besitzen einen langen Hals und Schnabel. Auf einer Seite beugt sich der Vogel nach unten zu den aus dem Ast wachsenden Beeren, auf der anderen Seite hält er eine Schlange im Schnabel. Zwischen den beiden Vögeln ist ein fliegendes Insekt aufgemalt und im Becherinneren ist eine Raupe auf dem Boden zu sehen. Die beiden Vögel sollen Störche darstellen. Der Storch galt als ein Vogel der giftige Schlangen essen kann und wurde daher auch in emblematischen Vorlagenwerken mit einer Schlange im Schnabel dargestellt. Auf den Boden ist von außen eine Raupe aufgemalt.
In Besitz der Stiftung Rasmus befindet sich ein zweiter Becher des gleichen Formtyps mit Schwarzlotbemalung, der eine Eule und einen Adler zeigt.
Die beiden Becher wurden zusammen auf einer Auktion angeboten und ihre Bemalung Ignaz Preißler (1676–1741) zugeschrieben. Die Preißler zugeschriebenen Arbeiten weisen meist einen reichen Dekor auf, nur vereinzelt werden ihm auch Objekte mit zurückhaltender Bemalung, wie diese hier zugeordnet, vgl. z. B. Rudolf von Strasser: Licht und Farbe. Unter Mitarbeit von Sabine Baumgärtner. Dekoriertes Glas – Renaissance, Barock, Biedermeier. Die Sammlung Rudolf von Strasser (Schriften des Kunsthistorischen Museums, hrsg. v. Wilfried Seipel, 7). Wien 2002, 86–91.
Ein sehr ähnlich gestalteter Becher mit zwei Vögel (Greifvögel?) auf der Wandung und Grashüpfer auf dem Boden, befindet sich im Corning Museum Of Glass, Inv. 79.3.383, vgl.
glasscollection.cmog.org/objects/62446/beaker (19.02.2024).
(Sabine Tiedtke)