Der Pokal steht auf einem runden, leicht ansteigenden Fuß. Der Schaft besteht aus einem massiven, facettierten Baluster zwischen Scheiben. Darüber setzt die Kuppa massiv mit eingezogener Wandung an. Über einem wulstigen Absatz entwickelt sich die Kuppa konisch zum Trinkrand hin auseinander. Der Fuß ist mit Laub- und Bandlwerk verziert. Die Wandung der Kuppa zeigt über der wulstigen Schulter einen nahezu flächenfüllenden Dekor aus Laub- und Bandlwerk, der von zwei figürlichen Darstellungen unterbrochen wird. Auf einer Seite sind in einem hochovalen, von Rollwerk-artigen Elementen gerahmten Medaillon zwei Männer in römisch anmutender Rüstung zu sehen, die sich die Hände reichen. Mittig zwischen ihnen liegt ein Schild mit der Aufschrift „IONATH“. Die rechts stehende Figur hält ein Schild mit der Aufschrift „DAVIT“. Um die Szene ist oben die Inschrift „Ich will dir thun was dein hertz begehrt“ eingeschnitten. Die gegenüberliegende Seite zeigt auf einem Podest zwei Figuren, von denen die rechte wiederum als römischer Krieger gekleidet ist und die linke aber nur in einer Toga erscheint unter der Inschrift „Wir sind gebrüder“. Die Darstellung verweist auf die biblische Geschichte der Freundschaft von David und Jonathan. Die Darstellung der zwei sich eng verbundenen Männer wurde auf niederländischen Gläsern in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert öfter wiedergegeben und wird teils als versteckte Anspielung auf eine homoerotische Liebe interpretiert, vgl. Sabine Tiedtke: Eine versteckte Botschaft? In: Sabine Tiedtke (Hg.): Meisterwerke aus Glas. Ausst. Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Nürnberg 2023, S. 72-73).
Insgesamt erscheint der Schnitt vor allem in Bezug auf die Buchstaben etwas einfach ausgeführt: So werden zum Beispiel die Rundungen der Buchstaben aus einzelnen Einschnitten zusammengesetzt und nicht in einem Zug ausgeführt. Aufgrund der Feinteiligkeit und der flächenfüllenden Gestaltung tritt dies aber in den Hintergrund.
Der Formtyp verweist auf eine Entstehung in Schlesien, vgl. Zuzana Pešatová/Jindřich Brok: Böhmische Glasgravuren. Die Kunst der Glasgravur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Prag 1968, Abb. Nr. 47 (Schlesien, 2. Viertel 18. Jh.); Stefania Żelasko: Barock und Rokoko im Hirschberger Tal. Stein- und Glasschnitt 1650–1780. Hrsg. v. Georg Höltl und Peter Höltl, Glasmuseum Passau. Passau 2014, Nr. 177 (Preußler Glashütte Weiberberg bei Schreiberhau, um 1710-1720); Justyna Wierzchucka/Martin Kügler: Barockes Glas aus Schlesien. Ślaskie szkło barokowe. Hrsg. von Gabriela Zawiła und Markus Bauer. Katalog der Bestände des Riesengebirgsmuseums in Hirschberg und des Schlesischen Museums zu Görlitz. Görlitz/Zittau 2016, Nr. 99 (Schreiberhau, Preussler Glashütte Weißbach, um 1730-1740).
Auch der flächenfüllende, kleinteilige Dekor findet sich auf anderen Gläsern, die der schlesischen Seite des Riesengebirges zugeordnet werden, vgl. Pešatová/Brok 1968, Abb. Nr. 42 (2. Viertel 18. Jh.); Żelasko 2014, Nr. 165 (Preußler Glashütte Weiberberg bei Schreiberhau, um 1715); Wierzchucka/Kügler 2016, Nr. 71 (Schreiberhau, Preussler Glashütte Weißbach, um 1735).
(Sabine Tiedtke)