Der Becher besitzt einen flachen, am Rand abgeschliffenem Boden mit unbearbeitetem Abriss. Nach oben hin entwickelt sich die dicke Wandung konisch auseinander. Sie ist mit geschnittenem Dekor verziert. Sich gegenüberliegend sind zwei rundliche Medaillons aus Blattranken, die von Blüten unterbrochen werden, gebildet. Im Inneren ist auf der einen Seite ein Pelikan im Nest zu sehen, der sich Brust aufreißt, um seine drei Küken zu füttern. Die Gegenseite zeigt einen Weinstock mit Trauben. Zwischen den zwei Medaillons sind zwei fast bis zum Trinkrand reichende Blumen – wohl eine Schachbrettblume und eine Tulpe – angebracht.
Bei den Darstellungen in den Medaillons handelt es sich um Motive, die aus Emblembüchern entnommen wurden, die auch für Glasschneider als Vorlagen dienten, vgl. z.B. Emblematische Gemüths-Vergnügung 1693, Taf. 17; vgl. auch Emblematische Gemüths-Vergnügung 1710, Taf. 6 (Pelikan).
Der Glasschnitt ist einfach aber sauber ausgeführt. Weder der Dekor noch der einfache Formtyp des Bechers lassen eine eindeutige Einordnung zu, ähnliche Becher entstanden aber wohl gehäuft in den Glashütten an den Hängen des Riesengebirges, vgl. Brigitte Klesse: Glassammlung Helfried Krug. Beschreibender Katalog. Ausst.-Kat. Kunstgewerbemuseum der Stadt Köln, Overstolzenhaus. Bonn 1973, Nr. 560 (Riesengebirge, um 1720); Georg Höltl: Das Böhmische Glas. 1700–1950 (7 Bde.). Bd. 1: Barock. Rokoko. Klassizismus. Passau 1995, Nr. I.10 (Nordböhmen, um 1700); Europäisches Glas & Studioglas. Aukt. Kat. Dr. Fischer Kunstauktionen, Heilbronn, 288. Auktion, Teil 1, 16.10.2021, Nr. 135 (Riesengebirge, 18. Jh.).

(Sabine Tiedtke)